Man kann sich kaum noch daran erinnern: Nach der Schließung des Bundeswehrstandortes Hohenlockstedt hatte der Bau- und Umweltausschuss in seiner Sitzung am 20.09.2006 beschlossen, den Flächennutzungsplan dergestalt zu ändern, dass der Bereich des ehemaligen Munitionsdepots, der als „Sondergebiet Bund“ dargestellt war, künftig als „Wald“ ausgewiesen wird. Dies hatte zur Folge, dass vom Grundstückseigentümer BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) der Rückbau der auf dem Gelände befindlichen Gebäude und Zaunanlagen gefordert werden kann und der Wald sodann für die Öffentlichkeit frei zugänglich wäre.
Das mit der Durchführung der Planänderung beauftragte Fachbüro hatte sich leider aus nicht nachvollziehbaren Gründen hiermit derart viel Zeit gelassen, dass erst am 30.06.2011, also nach ca. fünf Jahren, der das Verfahren beendende „abschließende Beschluss“ durch die Gemeindevertretung gefasst werden konnte. Der Innenminister des Landes Schleswig-Holstein hatte sodann am 13.02.2012 die Flächennutzungsplanänderung genehmigt; diese hatte nach der Veröffentlichung der Genehmigung mit Wirkung vom 08.03.2012 Rechtskraft erlangt. Damit lagen von diesem Zeitpunkt an die rechtlichen Grundlagen für die Forderung der Gemeinde Hohenlockstedt nach dem Rückbau der Gebäude und der Entfernung der Zaunanlagen vor.
Dies forderte die Gemeinde auch, aber bei der BImA fühlte sich niemand für diese Angelegenheit zuständig (Auszug aus einer Zwischennachricht des Kreisbauamtes an den damaligen Kreistagsabgeordneten Rainer Holste (CDU): „Verantwortlichkeiten werden dort hin und her geschoben“). Dies führte letztlich dazu, dass erst am 31.01.2013 - also fast ein Jahr nach Inkrafttreten der Flächennutzungsplanänderung - eine erste Ortsbegehung stattfand, die das Ziel hatte, eine einvernehmliche Lösung zu finden, um den Wald wieder der Allgemeinheit zugänglich zu machen.
Leider endete diese Begehung ergebnislos, weil die Vertreter der BImA eine äußerst starre Haltung an den Tag legten. Statt Möglichkeiten einer schnellen Öffnung des Munitionsdepots für die Allgemeinheit aufzuzeigen, entwickelten die Vertreter der BImA folgendes Szenario:
a) Zuerst müsse die BImA den Kampfmittelräumdienst des Landes Schleswig-Holstein um Auskunft bitten, ob für das ehemalige Munitionsdepot „Kampfmittelverdacht“ besteht.
b) Anschließend würde die BImA eine „Historisch-genetische Rekonstruktion (HGR)“ in Auftrag geben, bei der der vorhandene Kenntnisstand auf der Basis der verfügbaren Informationen (Akten, Luftbilder usw.) zusammenfassend dargestellt und eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen ausgesprochen werde.
c) Sodann müsste evtl. eine „Teilerkundung“ vor Ort stattfinden.
Dieses Verfahren würde nach Auffassung der Vertreter der BImA mindestens zwei Jahre dauern, so dass mit einer Öffnung des Gebietes für die Allgemeinheit nicht vor Ende 2014 zu rechnen sei.
Nun war es offensichtlich, dass die BImA auf Zeit spielte. Anfang 2004 wurde der Bundeswehrstandort Hohenlockstedt geschlossen und erst Ende 2014 - also fast elf Jahre später - möchte die Grundstückseigentümerin (BImA) Erkenntnisse darüber haben, ob von ihren Flächen Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen. Unglaublich - oder typisch für das Arbeiten einer Bundesbehörde?
Dann herrschte dreieinhalb Jahre Funkstille. Diverse Anfragen der Gemeinde Hohenlockstedt nach dem Sachstand wurden einfach nicht beantwortet. Im Juli 2016 setzte die BImA die Gemeinde Hohenlockstedt dann davon in Kenntnis, dass sich die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten für das ehemalige Munitionsdepot interessieren und eine Wertermittlung und Sicherungsmaßnahmen beauftragt worden seien. Man rechne mit einem Eigentumsübergang in ca. zwei Jahren, also Mitte 2018.
Die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten hatten sodann Ende 2017 30 ha der insgesamt 41 ha großen Fläche erworben und damit begonnen, einige der 24 Bunker zu Fledermauswinterquatieren umzubauen. Weiterhin mussten Verkehrssicherungsmaßnahmen durchgeführt werden. Die gesamte Aktion ist nunmehr abgeschlossen, der Zaun wurde zwischenzeitlich abgebaut und die Fläche für die Öffentlichkeit freigegeben. Hierüber berichtete die Norddeutsche Rundschau in ihrer Ausgabe vom 21.08.2021 wie folgt:
Hereinspaziert, der Wald ist geöffnet - Am ehemaligen Munitionsdepot in Hohenlockstedt haben die Landesforsten zwei Kilometer Zaun abreißen lassen
Der Wald im ehemaligen Munitionsdepot Hohenlockstedt ist wieder frei zugänglich. Die Landesforsten lassen in diesen Tagen den meterhohen Zaun abreißen. Jahrzehntelang war der Wald, in dem die Bundeswehr Gewehrmunition, Materialien und Kraftstoffe gelagert hatte, nicht zugänglich. Auch nach Abzug der Soldaten im Jahr 2002 durfte er bis jetzt nicht betreten werden.
„Die Arbeiten gehen schneller voran als gedacht“, sagt der zuständige Förster Björn Berling. Mitarbeiter der Sarlhusener Firma Clausen & Gloy entfernen insgesamt 1970 Meter Zaun, mit dem das 30 Hektar große Gebiet umgeben war. Zuvor hatten Mitarbeiter der Landesforsten den teilweise zugewachsenen Zaun freigeschnitten.
Die Rückbau-Arbeiten verlaufen zwar zügig, doch der Weg dahin war weit. Nach dem Bundeswehrabzug übernahm 2002 die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) das Gelände, doch 15 Jahre tat sich nichts. Den Aufforderungen der Gemeinde nach Öffnung des Geländes für die Öffentlichkeit kamen erst die Landesforsten nach, die 2017 den hinteren Teil des bewaldeten Gebiets von der BImA erwarben und damals die Öffnung versprachen. Das zog sich allerdings auch vier Jahre hin, da die Landesforsten zuvor das Gebiet, in dem sich auch zahlreiche Bunker befinden, verkehrssicher herstellen mussten. Dazu gehörte auch die Sicherung von Bunkern. 13 dieser massiven Betonklötze wurden zudem zu Winterquartieren für Fledermäuse ausgebaut.
Geblieben sind aus der Bundeswehrzeit zahlreiche Asphaltwege, ein Rückbau sei aus Sicht der Landesforsten wirtschaftlich nicht zu vertreten gewesen, sagt Björn Berling. Da der Wald jedoch ein Refugium für Spaziergänger und Radfahrer werden soll und nicht für Autofahrer, haben die Landesforsten zahlreiche Baumsperren eingebaut, die motorisierten Besuchern den Zugang verwehren.
Inmitten des Gebiets gibt es auch einen kleinen Teich, der „als Nahrungshabitat für die Fledermäuse dienen soll“, sagt Björn Berling. Hier entdeckte der Förster zu seinem Leidwesen bereits Überreste eines Lagerfeuers und einer Angelschnur. Er appelliert an Besucher, im Wald und am Teich kein Feuer zu entzünden sowie keinen Müll liegen zu lassen. Auch das Einsetzen von Fischen sei nicht gestattet, sagt er in Hinblick auf Angler. Ansonsten sei das Gebiet ab sofort frei zugänglich.
Nicht zugänglich ist derzeit das direkt an den Ortskern angrenzende Gebiet (11 Hektar) des ehemaligen Munitionsdepot, das in Privatbesitz ist.
Joachim Möller/Norddeutsche Rundschau
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